Spenden für Syrien : Zögern in Zeiten der Not

09.08.2013 16:34 Uhrvon
In Not. Der Bürgerkrieg zwingt viele Menschen dazu, ihr Land zu verlassen. Foto: AFP
In Not. Der Bürgerkrieg zwingt viele Menschen dazu, ihr Land zu verlassen. - Foto: AFP

Wenn es um Spenden für Syrien geht, halten sich die Deutschen zurück. Viele fürchten, ihr Geld könnte in falsche Händen gelangen.

Die Drohung lässt Böses ahnen. Mit „eiserner Faust“ wolle er den Bürgerkrieg in Syrien beenden, polterte Machthaber Baschar al Assad vor einigen Tagen. Martialische Worte, die deutlich machen: Das Leid und Elend der Menschen wird wohl auf absehbare Zeit kein Ende finden. Dabei sind schon jetzt deutlich mehr als 100 000 Syrer den mörderischen Kämpfen zum Opfer gefallen. Millionen Menschen sind heimatlos geworden, irren entweder im Land umher oder haben notdürftig Zuflucht in den Nachbarstaaten gefunden.

In den dortigen Lagern herrschen aber ebenfalls zum Teil katastrophale Zustände. Die Folgen bekommen vor allem Kinder zu spüren.

Sie sind – da herrscht große Einigkeit bei den Hilfsorganisationen – die größten Verlierer des seit mehr als zwei Jahren tobenden Konflikts. Christoph Waffenschmidt, Vorstandsvorsitzender von „World Vision Deutschland“ forderte deshalb am Freitag eindringlich eine „Offensive“ für syrische Kinder, „damit aus ihnen nicht eine verlorene Generation wird“. Hinter dieser Mahnung steht nicht zuletzt der Appell, mehr Geld für dringend erforderliche Hilfe zur Verfügung zu stellen – auch in Form von privaten Spenden.

Bei Kriegen halten sich Spender zurück

Denn obwohl die Vereinten Nationen den Syrienkrieg zur derzeit größten humanitären Krise weltweit erklärt haben, halten sich die Deutschen mit dem Geldgeben auffallend zurück. Zwar hätten die Stammspender gut reagiert, doch generell spürten die Hilfswerke „ein Zögern“, sagt Ninja Charbonneau, Sprecherin des deutschen Unicef-Komitees. Das lässt sich leicht an den Zahlen ablesen. Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen hat hierzulande bislang 3,8 Millionen Euro für die Syrienhilfe eingenommen.

Zum Vergleich: Als 2011 und 2012 in Ostafrika eine große Hungersnot herrschte, kamen 18 Millionen zusammen. Bei Kriegen, das wissen die Hilfsorganisationen aus Erfahrung, halten sich die Spender grundsätzlich zurück, weil sie von Menschen verursacht werden. Dürren und Erdbeben als Folgen höherer Gewalt erregen dagegen mehr Mitleid. Im Fall von Syrien erweist sich dieses Spendenhindernis als besonders hoch. Das hat einen einfachen Grund: Offenbar sind sowohl das Regime in Damaskus als auch die Rebellen für Gräueltaten verantwortlich. Gut und Böse können längst nicht mehr eindeutig zugeordnet werden.

Zudem weiß niemand, welche Interessen die Kontrahenten letztendlich verfolgen. Die Fronten seien unklar, betont auch Burkhard Wilke, Geschäftsführer des Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen. Zu unklar, und das scheine potenzielle Spender zu irritieren. Kein Wunder. Wer fürchten muss, dass sein Geld in den Händen obskurer, womöglich gefährlicher Gestalten landet, öffnet sein Portemonnaie eben nur sehr ungern. Erschwerend kommt hinzu: Die Not in Syrien ist kaum sichtbar. Die Medien berichteten zwar über das Kriegsgeschehen, aber selten über den täglichen Kampf der Menschen ums Überleben, sagt Unicef-Sprecherin Charbonneau.

Arbeit unter Lebensgefahr

Doch Bilder seien unabdingbar, um die dramatische Lage sicht- und damit nachvollziehbar zu machen. Einerseits. Andererseits können erschreckende Bilder beim Spender den Eindruck erwecken, Hilfe an Ort und Stelle sei ohnehin unmöglich. Ein falscher Eindruck. Die Arbeit ist, das geben die Organisationen unumwunden zu, schwierig und oft lebensgefährlich. Dennoch werden in der Region tagtäglich Millionen Notleidender mit Wasser, Nahrung und Medikamenten versorgt.

Langjährige Erfahrung in Krisengebieten und entsprechende finanziellen Ressourcen sind dafür unabdingbar. Ebenso wie strikte Neutralität. „Wir kümmern uns um die Bedürftigen, mischen uns dabei aber niemals in die Politik ein, ergreifen prinzipiell für keine Seite Partei“, betont Louay Yassin, Sprecher von „SOS- Kinderdörfer weltweit“. Nur so sei es möglich, in Krisen- und Konfliktregionen zu helfen. Das gelte auch für Syrien. Schließlich gehe es für seine Organisation darum, den Schutzlosen beizustehen. „Kinder gehören bei Kriegen immer zu den ersten Opfern.“ In Syrien sind es jetzt schon Millionen.

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