Gesund abnehmen - Berliner, die es geschafft haben : Die Schlemmerin
19.03.2013 00:00 UhrSie wohnt im fünften Stock Altbau. Ein hübscher, bleiverglaster Fahrstuhl führt hinauf bis fast vor die Wohnung. Susanne Dembsky hat ihn seit dem 3. Oktober 2008 nicht mehr benutzt. Sie nimmt die Treppe, immer und mehrmals pro Tag. Als sie neulich schwere Einkaufstaschen hochtrug, sagte ihr Mann: „Das hast du früher an Körpergewicht geschleppt.“
Früher, das war noch 2008. Schon in den Jahren zuvor war Susanne, die Kulturproduzentin, dick, aber schick gewesen. Keine hübschen Kleider in Größe 54? Sie entwarf selber schöne Mode in großen Größen. Zu viel Hektik im Alltag? Dann erledigten eben andere die Laufarbeit. „Ich war die Königin des Delegierens“, sagt sie heute.
An irgendeinem Tag musste sie zum Physiotherapeuten, der kniff sie in den Hüftspeck und sagte: „Sie sind zu fett, Sie müssen abnehmen.“ Frechheit, dachte sie, aber der Stachel saß tief. Susanne Dembsky machte einen Plan. Sie wollte schlank und beweglich werden – ohne Dogmen, ohne Gruppenzwang, ohne Punkte- und Kalorienzählen. Sie änderte ihren Lebensstil, fand ihren eigenen Weg. Der war zweieinhalb Jahre lang, auf ihm ließ sie weit mehr als 40 Kilo liegen. Sie sagt: „Man muss sich nur ändern, man braucht nicht zu verzichten.“
Sie suchte sich Vorbilder: schlanke Menschen. Was machten die nur anders? „Ich fand die Antworten: Schlanke hören auf zu essen, wenn sie satt sind. Sie naschen selten zwischendurch. Sie bewegen sich mehr. All meine Freunde machten ständig kleine und große Gänge, ich saß. Sie rannten Treppen, ich nahm den Fahrstuhl.“ Susanne Dembsky begann, die Schlanken nachzuahmen. Und sie holte sich eine Freundin ins Haus: die Wii Fit-Plattform, eine Software mit netter virtueller Trainerin. Die war neutral, nie besserwisserisch, tröstete und motivierte. Als Susanne Dembsky als Zwischenziel minus 20 Kilo eingab, sagte Frau Wii, mehr als zehn nehm' ich nicht. Also: 0,9 Kilo in zwei Wochen. „So habe ich Geduld und Disziplin gelernt“, sagt Susanne Dembsky.
Sie entdeckte ein neues Schlemmerparadies: Gemüseabteilungen. Die begeisterte Köchin begann, Rezepte zu variieren. Und weil das Auge mitisst, servierte sie sich bildhübsch arrangierte Mahlzeiten am schön gedeckten Tisch und fotografierte sie. Auf ihrem Laptop kann sie bunt gefüllte Teller zeigen, das alles hat sie genüsslich verspeist: Spinat mit Rosinen, Zwiebeln, Mozzarella. Linsensuppe mit Granatapfel. Feldsalat mit Sardellen und rotem Pfeffer. Vollkornpasta mit blutroter Tomatensoße und maigrünem Basilikum. Gebräunte Hühnerkeulen auf Apfelrotkraut. Sie liebt den Gaumenkitzel, isst zur Vorspeise Salat mit feinem Dressing, dann die kleine Portion Spaghetti mit einer Soße, der ein besonderes Gewürz den Kick gibt. Hinterher gibt’s zum Espresso ein Stückchen dunkler Schokolade. „Ich bin eher satt und zufrieden, weil alles toll aussieht und so aufregend schmeckt.“ Täglich müssen frische Produkte her, auch, wenn wenig Zeit ist. Muss sie eben schneller sein, das hält mobil.
Sie hat ein bewegtes Leben jetzt. „Es war wie eine neue Sprache zu lernen.“ Mit einer alten Feindin hat sie sich versöhnt: der Waage. Täglich geht sie wahrscheinlich zehn Mal drauf, nur so im Vorbeigehen. „Das hat mir die Angst vor ihr genommen“, sagt sie. Die Angst vor sich unbemerkt anschleichenden Kilos.