Wie sich der Fiskus bedient : Rauf oder runter mit der Einkommenssteuer?

29.07.2013 14:53 Uhrvon
Einkommenssteuererklärungsformular. Foto: dpa
Zur Kasse, bitte. - Foto: dpa

Ob vom Einkommen mehr für die Bürger oder mehr für den Staat herausspringt, wird vor allem über die Einkommensteuer entschieden. Rauf oder runter damit?

Das ist zweifellos eine der wichtigsten Fragen zur Bundestagswahl. Der Staat hat nicht genug Geld, um alle notwendigen Aufgaben erfüllen zu können, sagen SPD, Grüne und Linke. Ihre Aufforderung: Wer mehr hat, soll mehr bezahlen. Stimmt nicht, sagen Union und FDP. Der Staat ist finanziell ordentlich aufgestellt, wer die Belastung für die Menschen erhöht, wird am Ende weniger Geld in der Kasse haben als vorher. Die Union geht daher in den Wahlkampf mit dem Versprechen, die Steuern nicht zu erhöhen und sogar, die kalte Progression, die heimliche jährliche Steuererhöhung, abzumildern. Die FDP hat ihre ambitionierten Steuersenkungspläne der vergangenen Jahre zwar längst ad acta gelegt, will die Einkommensteuerzahler aber über die Absenkung des Solidaritätzuschlags entlasten.

Wer wird von Steuererhöhungen belastet oder entlastet?

Diese Frage kann mit wenigen Sätzen nicht beantwortet werden, weil SPD, Grüne und Linke, die die Einkommensteuer anheben wollen, gleichzeitig eine Reihe weiterer Reformen im Steuerbereich planen und deren Gesamtwirkung ausschlaggebend sein wird für die Belastung einzelner Steuerzahler. Ein Beispiel: Ein Ehepaar, bei dem ein Partner ein gutes Einkommen hat und der andere nur wenige Stunden arbeitet, um die Kinder versorgen zu können, die aber (zum Beispiel aus Erbschaften) Erträge aus Kapitalanlagen versteuern müssen, könnten zwar von den Steuererhöhungsplänen der Grünen (Anhebung ab 60000 Euro/120000 Euro bei Verheirateten) auf den ersten Blick nicht betroffen sein. Durch die von Rot-Grün geplanten Reformen beim Ehegattensplitting und der von den Grünen geplanten Abschaffung der Abgeltungssteuer könnten sie letztlich doch draufzahlen. Grundsätzlich gilt bei SPD, Linken und Grünen: Wer als Alleinstehender zwischen 40000 Euro (Linke) und 64000 Euro (SPD) im Jahr oder mehr versteuern muss, der wird höher belastet.

Das Berliner Forschungsinstitut DIW hat unlängst errechnet, dass bei den Steuerplänen der SPD rund 7 Prozent aller deutschen Haushalte (etwa 3 Millionen) mehr Steuern zahlen müssen. Allerdings liegen diese drei Millionen Haushalte beinahe ausschließlich in den oberen drei Zehnteln, also bei den Top-Verdienern. Bei den Grünen, die den Steuergrundfreibetrag auf 8712 Euro anheben wollen, werden rund 6,3 Prozent der Haushalte verlieren, aber nur im Top-Verdienerbereich. Die wenig verdienenden Haushalte bis hinauf in klassische Besserverdienerhaushalte werden leicht gewinnen können. Union und FDP wollen die kalte Progression abmildern. Mit diesem Vorhaben sind sie bereits in dieser Amtszeit am Widerstand von SPD und Grünen im Bundesrat gescheitert. Die kalte Progression entsteht durch die progressive Wirkung des deutschen Steuertarifs.

Knapp erklärt: Wer zu einem Euro Verdienst einen zweiten Euro Lohnerhöhung bekommt, der muss vom zweiten Euro mehr Steuern abführen als vom ersten. Das k a n n dazu führen, dass ein Steuerpflichtiger trotz höheren Bruttoeinkommens ein geringeres Realeinkommen hat, weil die Steuersätze nicht an die Preisentwicklung angepasst werden. Wenn die Lohnsteigerung nur die Inflationsentwicklung ausgleicht, bleibt sie nach Steuern hinter der Inflation zurück. Das abzuschaffen oder einzudämmen bedeutet praktisch, den gesamten Steuertarif einmalig oder auch jedes Jahr zu verschieben, was dazu führt, dass Besserverdiener relativ gesehen mehr Steuern sparen als nicht so viel Verdienende. Auch das ist ein mathematischer Effekt aus dem progressiven Verlauf des deutschen Steuertarifs.

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