Personalmangel : Bahn räumt bundesweit "angespannte Situation" ein
12.08.2013 14:12 UhrDie Probleme der Deutschen Bahn im Stellwerk Mainz sind kein Einzelfall. Auch an anderen Schaltstellen des Unternehmens sei die Personaldecke zu dünn, räumte DB-Netz-Vorstandschef Frank Sennhenn am Montag in der ARD ein. "Wir haben bundesweit eine angespannte Situation." Man sei dabei, alle Stellwerke mit ähnlich kritischer Lage personell nach Kräften abzusichern.
2013 wolle die Bahn 600 neue Fahrdienstleiter einstellen. Das Problem sei, dass die Schulung sieben Monate dauere, so dass die Mitarbeiter nicht kurzfristig eingesetzt werden könnten. Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) sprach erneut von einer falschen Personalpolitik, die sich nicht nur bei den Stellwerke auswirke: "Wir haben auch in anderen Bereichen eine Reduzierung des Verkehrs, weil Personal fehlt", sagte EVG-Chef Alexander Kirchner Reuters TV in Mainz.
Züge fahren auch tagsüber an Mainz vorbei
Am Montag verschärfte sich die Lage am Mainzer Hauptbahnhof weiter: War bisher abends und nachts der Regional- wie Fernverkehr schon stark ausgedünnt, müssen jetzt Züge auch ganztägig umgeleitet werden. Dies wirkt sich mittlerweile weit über die rheinland-pfälzische Landshauptstadt hinaus aus. "Wegen des entsprechend höheren Zugaufkommens durch Umleitung ist mit Verspätungen im gesamten Rhein-Main-Gebiet und Südhessen zu rechnen", kündigte die Bahn an.
Das Staatsunternehmen versucht in Mainz nun, Fahrdienstleiter aus dem Urlaub zurückzuholen. "Das kann nur auf freiwilliger Basis geschehen", betonte Sennhenn. Das Stellwerk dort ist laut Bahn wegen unerwartet vieler Krankmeldungen in der Urlaubszeit seit gut einer Woche nicht voll einsetzbar. Das Unternehmen erwartet auch keine Normalisierung in diesem Monat mehr, will sich aber am Dienstag dazu äußern, wie es in Mainz weiter geht.
Fahrdienstleiter sind überaltert
Hintergrund der Personalknappheit sind auch Überalterung und Nachwuchsmangel. Das Durchschnittsalter in der Netzsparte liegt bei 47 Jahren und damit noch über dem Konzerndurchschnitt. Dokument aus der Personalabteilung zeigen, die Reuters vorliegen, zeigen, dass die Überalterung bei Fahrdienstleitern seit mindestens vier Jahren bekannt war. Bis vergangenes Jahr änderte sich daran aber kaum etwas.
In Konzernkreisen hieß es, die Mängel in der Personalplanung hätten auch mit der Ablösung des Chefs der Netz-Sparte, Oliver Kraft Anfang 2013 zu tun. Kraft hatte die Netz-Sparte zum wichtigsten Gewinnlieferanten des Konzerns gemacht.
Über Jahre wurden gerade in diesem Bereich jährlich Tausende Stellen abgebaut. Zugleich wurden allerdings die Stellwerke wegen verzögerter Investitionen im Zuge des geplanten Börsengangs 2008 langsamer als zunächst geplant durch moderne vollelektronische ersetzt, was zu einer Personalentlastung geführt hätte. (rtr)