Pläne für DDR-Geheimdienstzentrale : Von der Stasi-Platte zum Demokratie-Campus
10.12.2012 16:19 UhrRoland Jahn spekuliert auf die Wirkung des Ortes. Der Bundesbeauftragte für die Stasiunterlagen hat einiges vor mit dem Gelände des Ministeriums für Staatssicherheit an der Ruschestraße in Lichtenberg. Immer noch wirkt das ehemalige Geheimdienst-Hauptquartier ganz eigenartig, nämlich anziehend und abstoßend zugleich. Hochhäuser, wie gigantische Bauklötze neben- und aneinandergestellt, 50er-Jahre-DDR-Moderne neben der Plattenbaugleichförmigkeit der Siebziger, dazwischen Koniferen in Betonblumenkübeln: So stellt sich die Unterdrückungs- und Überwachungsmaschine der DDR heute dar, so zieht sie jeden an, der sich einen Eindruck von ihrer Größe, ihrer Selbstgefälligkeit und ihrer Macht verschaffen will.
Und so wird sie noch immer alle abstoßen, die zu DDR-Zeiten von der Stasi ausgeforscht, genötigt, erpresst und eingesperrt worden sind.
Ein Ort, findet Roland Jahn, an dem man über die Abschaffung der Freiheit genauso viel lernen kann wie über deren Gewinn und über Demokratie. Da steht der grauhaarige Mann, der beim Sturm auf Mielkes Ministerium im Januar 1990 mit dabei war, auf dem großen Innenhof, hat „Haus 1“ mit dem Büro des Stasi-Ministers im Blick, das frühere Offizierskasino im Rücken und das Archiv mit den Aktenmassen rechts von sich und spricht vom „Dreieck“, das den Campus der Demokratie umrahmen könnte: Das schöne Wort, das aufs erste Hören so wenig zur graubraunen DDR-Rauputz-Stimmung des Geländes passt, transportiert Jahns Pläne mit dem Gelände und den Anspruch seiner Idee: Bildung, Forschung, Diskussion in drei Gebäuden, an einem Ort.
Baulich ist der Rahmen da, inhaltlich existiert er teilweise, und Jahn will ihn vervollständigen. Haus 1 mit seiner Ausstellung verschiedener Überwachungsmethoden und -Techniken steht für den Aufklärungs- und Bildungsimpuls. Jahn will über erreichbare Besucherzahlen nicht spekulieren, erinnert aber an die 6000 Menschen, die zur Wiedereröffnung der Ausstellung vor ein paar Monaten an einem Wochenende kamen. Damals konnte man sehen, dass das Interesse an Mielkes Hauptquartier Jungtouristen aus Spanien oder Italien ebenso an den Ort zieht wie Väter mittleren Alters mit ihren halbwüchsigen Kindern. Gemeinsam mit den Mitgliedern und Mitarbeitern der ASTAK (Antistalinistische Aktion Berlin-Normannenstraße), die seit 1990 im Haus 1 eine Forschungs- und Gedenkstätte unterhalten, soll eine neue Ausstellung entstehen. Deren Ansatz solle ein „biografischer“ sein, sagt Jahn: Wie die Stasi funktionierte, soll an Lebensläufen gezeigt werden, an denen der Opfer, aber auch an denen der Täter.
Jahn hält dies für die beste Methode, um Jugendliche und junge Leute zu erreichen, die die DDR nur aus dem Unterricht kennen. Wenn man zeige, wie die Stasi die Rockband „Renft“ in den Blick fasste, inklusive musizierendem Spitzel, erreiche man damit junge Leute, sagt Jahn.