Streit um Baumängel im Marthashof : Wenn’s im Luxusbau tropft

12.08.2013 11:23 Uhrvon
Marthashof in Berlin. Foto: V. Schlenner
Pfusch am edlen Bau? Der vornehme Marthashof hat Mängel. - Foto: V. Schlenner

Das schicke Neubauprojekt am Mauerpark, der Marthashof, sollte puren Luxus versprechen. Mittlerweile sind auf der Mängelliste über 600 Punkte verzeichnet. Doch der Bauträger weist die Vorwürfe zurück

„Natürlich, für sich genommen ist es kein Problem, wenn die neu eingebaute Fensterscheibe ein paar Kratzer hat“, sagt die Wohnungseigentümerin Sabine von Sarnowski. „Da kommt ein Handwerker, tauscht die Scheibe aus, und das Problem ist gelöst.“ Auch ein nicht fachgerecht verlegtes Parkett sei eigentlich kein großes Problem. Und wenn die Steckdosen im Bad so versetzt in die Wand eingelassen sind, dass sie nicht zu dem Waschtisch unter ihnen passen, sei das auch noch lösbar. Zumindest für einen Handwerker. Entscheidend sei doch, dass der Bauträger die Schäden repariere, sagt die Mittdreißigerin. Und wenn nicht?

Dann haben die Wohnungseigentümer ein Problem.

Und zwar unabhängig davon, ob sie am günstigeren Stadtrand wohnen oder im teuren Zentrum. Sabine von Sarnowski wohnt im Zentrum, am Mauerpark: im Marthashof, einem edlen Neubauprojekt der Stofanel Investment AG. „Urban village“ für die Befürworter, „gated community“ für die Kritiker. Billig ist das nicht. Für rund 3000 Euro pro Quadratmeter zogen hier vor gut drei Jahren die ersten Bewohner ein. Unter Gentrifizierungsverdacht waren sie da schon längst geraten. Etwa 320 000 Euro zahlte von Sarnowski für ihre rund 80 Quadratmeter große Wohnung, es war das Erbe der Großmutter, die Wohnung mit großem Balkon wurde bar bezahlt. Womöglich kein Einzelfall: „Das größte Problem sehe ich darin, dass die meisten Käufer wohl schon komplett bezahlt haben“, sagt von Sarnowski. Damit habe man kein richtiges Druckmittel mehr in der Hand, den Bauträger der gut 130 Wohnungen zur Mängelbeseitigung zu zwingen.

Wasser in der Tiefgarage

Die Mängel – allein in den gemeinschaftlich genutzten Flächen sollen es etwa 600 sein. Rost, Kratzer, nicht schließende Wohnungstüren – so die harmloseren Punkte. Gravierender: dass Wasser in die Tiefgarage läuft. Und zwar das Abwasser aus den Wohnungen. Bis zu einem Drittel der Tiefgarage sollen davon teilweise überflutet sein, sagt Peter Hanstein, auch er ein Bewohner der Anlage. Schuld sei die Hebeanlage, die nötig sei, um Fäkalien zur Kanalisation zu pumpen, sagt Hanstein. Und weil die zu schwach sei, falle sie regelmäßig aus und das Wasser laufe in die Garage. Ein Konstruktionsfehler?

Vorwürfe, die der Bauträger Stofanel zurückweist. „Die Kapazität der Hebeanlage wurde von einem Fachplaner berechnet und entsprechend nach dem aktuellen Stand der Technik erstellt“, sagt Marthashof-Geschäftsführer Jürgen Schrödl. Stattdessen seien die Bewohner in den meisten Fällen selber schuld, „unsachgemäße Nutzung“ wie beispielsweise die Entsorgung von Stoffputzlappen habe dazu geführt, dass die Anlage mitunter ausfalle, teilt das Unternehmen mit. Der Ton in dem Streit wird zunehmend schärfer. Der Grund dafür sei, so klagen Bewohner, dass Stofanel auf die angezeigten Mängel nicht oder nur sehr zögerlich reagiere.

Der Investor bestreitet die Vorwürfe

Der Investor, der derzeit in der Clayallee in Dahlem eine weitere Siedlung mit hohen Quadratmeterpreisen errichtet, bestreitet die Vorwürfe. „Sämtliche berechtigten Restmängel“ würde man abarbeiten, „eine konsensfähige Gesamtlösung“ zwischen allen Beteiligten sei „angestrebt“. Vielleicht wird diese „Gesamtlösung“ aber auch ein Fall für die Richter.

Denn die Eigentümergemeinschaft in Sachen Tiefgarage hat den Rechtsanwalt Peter Kreilinger engagiert, der auf einen erstaunlichen Sachverhalt gestoßen sein will: Nach seinen Angaben ist die Hebeanlage in der Baubeschreibung des Gebäudes gar nicht erwähnt worden. Damit sei sie „vertragswidrig“ für alle Häuser im Marthashof, „die man auch direkt an die Kanalisation hätte anbinden können“. Stattdessen hätten die Bewohner nun einen „dauerhaften Nachteil in Form von Betriebskosten, Instandhaltungskosten und Instandsetzungskosten“, außerdem den „funktionalen Nachteil wegen ständiger Havarien“.

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Ausgerechnet die allerhässlichsten und nichtssagendsten Bauten der DDR werden jetzt unter Denkmalschutz gestellt. Damit soll wohl noch einmal so richtig die Öde der DDR als Abschreckung erhalten werden?! Nachdem man Palast der Republik und Ahornblatt nicht für erhaltenswert gehalten und schnell entsorgt hat, können diese grauenhaften Platten nun auch weg.
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